Variable Turbinengeometrie (VTG)
17.12.2008
Mit dem Wort „Turbo“ verbinden Porsche Fahrer vor allem eines: Höchstleistung. Mit dem neuen 911 Turbo gelang jetzt ein weiterer großer Schritt nach vorne – hin zu noch mehr Leistung. Durch den Turbolader mit variabler Turbinengeometrie (VTG). Wie funktioniert das?
Bei einem herkömmlichen Abgasturbolader treibt der Abgasstrom ein Turbinenrad an, das mit einem Verdichterrad auf der Ansaugseite, dem Verdichter, verbunden ist. Dieser komprimiert die Ansaugluft und führt dem Motor eine größere Luftmasse über einen Ladeluftkühler zu, wodurch die Motorleistung deutlich zunimmt. Da der Turbolader mit zunehmendem Abgasdruck immer höheren Ladedruck produziert, bedarf es einer Ladedruckbegrenzung. Ansonsten würde zuviel Luft in den Motor gelangen. Der Ladedruck wird auf einen Wert begrenzt, der auf den Motor abgestimmt ist. Der überschüssige Abgasstrom wird über ein sogenanntes Bypassventil an der Turbine vorbeigeleitet.
Ein weiterer Faktor ist die Größe des Turboladers. Ist er klein dimensioniert, spricht der Lader aufgrund seiner geringen Massen schon frühzeitig an, d.h., das Turbinenrad kommt schneller auf Drehzahl. Andererseits liefert aber ein kleiner Turbolader bei hohen Motordrehzahlen aufgrund der kleinen Strömungsquerschnitte einen zu hohen, leistungsmindernden Abgasgegendruck. Ist der Turbolader dagegen groß dimensioniert, liefert er zwar bei hohen Drehzahlen einen geringen Abgasgegendruck mit hoher Leistung, spricht jedoch aufgrund der großen Strömungsquerschnitte und der Massenträgheit des größeren Turbinenrades erst bei mittleren Motordrehzahlen an: Das sogenannte Turboloch bei niedrigen Motordrehzahlen entsteht.
Die variable Turbinengeometrie der beiden wassergekühlten, parallel geschalteten Abgasturbolader des neuen 911 Turbo hebt diese Abhängigkeiten weitgehend auf: Das einströmende Abgas wird über elektronisch gesteuerte, bewegliche Leitschaufeln so auf das Turbinenrad gelenkt, dass sowohl die Verhältnisse eines „kleinen“ bzw. „großen“ Turboladers erzielt werden können. Dadurch lassen sich für den jeweiligen Betriebszustand optimale Strömungsverhältnisse erzielen. Die Stellung der Leitschaufeln wird über die Motorelektronik gesteuert.
Durch dieses Prinzip lässt sich bereits bei niedrigen Motordrehzahlen eine hohe Turbinendrehzahl und damit ein hoher Ladedruck erzeugen – für deutlich gesteigerte Leistung und mehr Drehmoment sowie einen besseren Füllungsgrad des Motors. Die Drehmomentkurve erreicht also deutlich früher ein höheres Niveau – und hält dieses auch. In Zahlen: Bereits ab 1.950 1/min liegen volle 620 Nm an und stehen bis 5.000 1/min zur Verfügung. Für außergewöhnliches Ansprechverhalten und mächtigen Vortrieb.
Beim Erreichen des maximalen Ladedrucks werden die Leitschaufeln geöffnet. Mit der Stellung der Leitschaufeln wird der gewünschte Ladedruck über den gesamten Motordrehzahlbereich geregelt. Dadurch kann das üblicherweise erforderliche Bypassventil entfallen.
Beeindruckende Werte. Ebenso beeindruckend: Trotz der hohen Leistung konnte der Verbrauch des neuen 911 Turbo reduziert werden.
Jürg E. Jten